Die biologische Grundlage der Libido
Freud hegte in seinen jungen Jahren die Hoffnung, dass sich eines Tages die biologische Funktion des Triebs (also der Libido) im Körper nachweisen lässt. Er hielt es für möglich, dass es eines Tages Medikamente geben könnte, welche direkt im biologischen Apparat auf die Triebe einwirken und dadurch eine psychotherapeutische Behandlung unnötig machen würden.
Als Wilhelm Reich, Freuds einstiger Musterschüler, mit dem Verständnis der Blockierung der Emotionen einen Schlüssel zur Entdeckung dieser biologischen Funktion gefunden hatte, lebte Freud zwar noch, war aber nicht mehr in der Situation, in der er den einmal eingeschlagenen Weg der Psychoanalyse noch einmal grundlegend verändern hätte können.
Die Libido aus Sicht der körperorientierten Therapie
Körperorientierte Psychotherapie hat mit Bewegung und Blockierung von Energie im Körper zu tun. Was sich als Abwehr und als neurotischer Charakter der psychoanalytischen Behandlung entgegenstemmte, erwies sich letztlich als Blockierung des emotionalen Ausdrucks, die sowohl psychisch (als Charakterhaltungen) als auch körperlich (als Einschränkung der emotionalen Muskulatur) wirkte.
Die Auflösung emotionaler Blockierungen löste bei den Klienten ein Befreiungsgefühl und das Gefühl von Kribbeln und Strömen im Körper aus. Mehr und mehr verstand Reich, diese Blockierungen auch von der körperlichen Seite her anzugehen und so die Behandlung effektiver zum Erfolg zu führen.
Was in der Psychoanalyse noch ein theoretisches Konzept ist, das ist nach Reichs Auffassung in der körperorientierten Therapie nachweisbare Realität. Der Fluss der Energie ist im Körper nachweisbar und die Wirkung bestimmter Übungen, die eine Aufladung mit Energie bewirken, ist nachvollziehbar*.
Daher lässt sich aus Sicht der körperorientierten Therapie auch sagen, dass Freuds Triebkonzept verblüffend gut mit dem energetischen Konzept der körperorientierten Therapie harmoniert, ohne jemals den naheliegenden körperlichen Aspekt der Emotionen zu berühren.