Orgonenergie in der Therapie psychischer Störungen
Reichs weitere Forschungen ergaben, dass das, was in der Psychoanalyse konzeptionell die Libido genannt wurde, letztlich eine Erscheinung der Lebensenergie im Körper des Menschen war.
Er fand heraus, dass die Lebensenergie im Körper einem Viertakt folgt: Spannung, Ladung, Entladung und Entspannung. Die Menschen leben einen ständigen Rhythmus dieses Viertakts in ihrer Sexualität.
Außerdem fand er heraus, dass die Lebensenergie vom Becken ausgehend längs durch unseren Körper strömt. Dies entspricht Beobachtungen, die Reich vor der Entdeckung der Orgonenergie gemacht hatte: Dass nämlich seine Klienten nach der Auflösung von Charakterpanzerungen über spontane Strömungsgefühle berichteten, ein Kribbleln, das längs durch den Körper strömt. Ausgehend von einem Konzept des Mediziners Friedrich Kraus nannte er diese Strömungsgefühle damals vegetative Strömung.
Er beschrieb, dass die Unterdrückung von Emotionen durch Blockierungen der entsprechenden Muskulatur den Fluss der Energie durch den Körper hemmt. Dadurch wird der Viertakt von Spannung, Ladung, Entladung und Entspannung gestört. Deshalb ist jede Störung des emotionalen Ausdrucks auch eine Störung des Sexuallebens.*
Psychische Störungen sind Biophysische Störungen
Was vorher als psychische Störung bekannt war, stellte sich nun als eine biophysische Störung heraus, die Reich später auch Biopathie nannte:
- Die Menschen blockieren den Fluss der Energie im Körper und damit den Ausdruck ihrer Emotionen.
- Die Menschen blockieren durch flache Atmung den Aufbau von Ladung, um den inneren Konflikt zu vermeiden, der durch die Berührung mit der Sexualität aufkeimt.
- Letztlich blockieren die Menschen damit ihre zentrale Lebensfunktion, die identisch mit der Lustfunktion ist.
Die Therapie
Aus dieser neuartigen Beschreibung psychischer Störungen ergab sich ein klares Modell zu ihrer Behandlung, das direkt aus dem Verständnis der Funktionsweise der Lebensenergie im Körper folgt:
- Durch vertiefte Atmung wird vermehrt Ladung aufgebaut. Diese Ladung "stößt" gegen die Blockaden im Körper und reaktiviert die Auflehnung gegen die Blockaden.
- Beseitigung der Blockaden, die sich gegen die Strömung der Energie im Körper richten.
- Wiederherstellung der zentralen Lebensfunktion, die sich in der Spannungs-Ladungsformel ausdrückt.
Das klingt in der Kürze der Darstellung sehr abstrakt. Einen Eindruck, wie diese Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden, können Sie in diesem Artikel gewinnen. ֎
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* Hier fällt Licht auf ein Thema, das immer wieder diskutiert wird, wenn es um Sigmund Freud geht. Es ist für viele Menschen nicht nachvollziehbar, dass in Freud's Frühwerk jede psychische Störung eine "sexuelle Äthiologie" hat, also auf eine Störung des Sexuallebens zurückgeführt wird.
Nach Reich ist jede psychische Störung eine Störung der zentralen Lebensfunktion und damit automatisch eine Störung der Sexualität. Sexualstörung und psychische Störung bedingen sich nicht gegenseitig, sondern sie sind letztlich verschiedene Erscheinungsformen ein- und desselben: der biophysischen Störung bzw. der Biopathie.