Ausschluss aus der IPV

Diese klare gesellschaftskritische Haltung und die Ausrichtung auf die Neurosenprophylaxe waren vielen Psychoanalytikern ein Dorn im Auge. Die Psychoanalyse hatte lange zu kämpfen gehabt, bis sie in der Gesellschaft einigermaßen ihren Platz erobern konnte. Die Analytiker fürchteten um die Neutralität und den Ruf der Psychoanalyse. Die Kommunisten waren bei der zahlenden Klientel der Psychoanalytiker nicht gerade beliebt. Nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland kam auch eine sehr konkrete Angst vor Verfolgung dazu.

Die Auseinandersetzung in der Psychoanalytischen Vereinigung über diese Themen nahm an Schärfe zu und wurde im Lauf der Jahre mit immer härteren Bandagen geführt. Zum Beispiel wurde von seinen Gegnern das Gerücht ausgestreut, Reich sei verrückt geworden.

So kam es, dass Reich 1934 auf dem Kongress in Luzern aus der Psychoanalytischen Vereinigung ausgeschlossen wurde. Der Vortrag, den er auf diesem Kongress - als Gast - noch halten durfte, zeigt jedoch sehr klar, dass Reich mit seiner Arbeit ohnehin über die Grenzen der Psychoanalyse hinausgewachsen war. Der Vortrag stellt nämlich zum ersten mal körperorientierte Ansätze in der Behandlung vor. Der Aufsatz mit dem Titel "Psychischer Kontakt und vegetative Strömung" wurde in einer späteren Auflage der "Charakteranalyse" in das Buch integriert.

Was uns heute als "Psychosomatik" oder als Einheit der Funktion von Körper und Psyche selbstverständlich ist, das führte seinerzeit innerhalb der Psychoanalytischen Vereinigung zu weit - und damit zu Reich's Ausschluss.

-> Massenpsychologie des Faschismus