Neurosenprophylaxe und Sexualpolitik
Aufgrund der politischen Ereignisse der damaligen Zeit zwischen den Weltkriegen entschloss sich Reich zu einem politischen Engagement. Er war der Auffassung, dass das Elend, in dem die meisten Menschen seiner Zeit zu leben hatten, eine Brutstätte für seelische Erkrankungen war. Er wollte mithelfen, das Elend zu beseitigen. Geschockt von den Ereignissen um den Brand des Wiener Justizpalastes trat er in die kommunistische Partei ein.
Sein politisches Engagement war die Konsequenz der Freudschen Einsicht, dass im Kern der neurotischen Störungen ein Konflikt zwischen Triebanspruch und Gesellschaft steht. Reich vertrat die Auffassung, dass es einer gesellschaftlichen Veränderung bedarf, und dass sich die Psychoanalyse mit dem Thema der Prophylaxe seelischer Störungen beschäftigen sollte.
Er richtete zusammen mit Kollegen in ganz Deutschland Sexualberatungsstellen ein und behandelte im psychoanalytischen Ambulatorium Menschen mit geringem Einkommen.
In dieser Zeit entstanden einige der populärsten Schriften Reichs, die sich um die Aufhebung der Zwangsmoral, um die rebellische Kraft in der Sexualität und um Neurosenprophylaxe drehten.