Selbst oder Ego? Sein oder Kompensation?

Der Autor kommt auf die verzweifelten Bemühungen der Menschen zu sprechen, ihr Selbst in dieser Gesellschaft zu etablieren und verweist dabei auf ein Buch, das er früher geschrieben hat, in dem er zwei Phänomene der Massengesellschaft betrachtet: Die Selbstinszenierung von Personen in Fernsehsendungen (Beispiel Casting-Shows) und das Doping im Sport.

Der Herr Dürr hat jetzt ein tragfähiges Konzept, indem er das Ego vom Selbst unterscheidet und daher einen Schluss ziehen kann, den man etwa so formulieren könnte: Indem das Individuum die Verbindung zum Ganzen (und damit zum Selbst) löst, erlebt es einen Mangel, den es kompensieren muss und diese Kompensation führt zu den vielfältigen Formen, in denen sich das Ego zeigt – wie besagte Fernsehsendungen oder Doping im Sport.

Das Konzept kann man jetzt gut oder schlecht finden, aber es liefert ein verständliches Modell, das zu Folgerungen führt: nämlich, dass die Suche nach dem Selbst im Außen nie zum gewünschten Ergebnis führen kann, weil das Selbst nur innen gefunden werden kann. Und das wiederum führt uns zu der Frage, wieso denn die ganzen modernen Menschen ihr Selbst im Außen suchen.

An dieser Stelle haben wir eine Anknüpfung des psychologischen Phänomens der Suche nach dem Selbst an gesellschaftliche Gegebenheiten. Wir können erkennen, dass die Auswüchse, mit denen Menschen in dieser Gesellschaft nach Bedeutung und Sinn suchen, nicht mit dem Selbst, sondern mit Ersatzhandlungen zu tun haben, Handlungen, deren Formen gesellschaftlich bestimmt sind und die die Menschen noch weiter von sich selbst entfremden und damit das zugrundeliegende Problem verschärfen.

Der Autor legt aber kein Konzept des Selbst vor und daher kann der Leser nicht wirklich verstehen, was die These von der Suche nach dem Selbst bedeuten soll.

-> Gesellschaft und Depression